Perl-Island Madeira

Viele von uns kennen Madeira vor allem durch den weltbekannten süßschmeckenden Wein. Auch der Ruf als Wanderparadies & Blumeninsel eilt ihr stets voraus. Das sich die portugiesische Insel jedoch nach und nach auch als kleine Bike Perle in mitten des atlantischen Ozeans entpuppt hat war bis zu unserm Trip nur den Wenigsten von uns bekannt. Optimale Bedingungen also um das neue Jahr mit ein paar Freunden & VAUDE Kollegen einzuweihen und der nassen Kälte in Europa zu entfliehen.

Wir starten unseren Trip kurz nach Sylvester. Der Trip ist schon Lang im Voraus geplant worden. Seit Sylvia und Axel, passionierte Vertrider und Sponsor Partner von VAUDE, das erste Mal die Insel besuchten und uns Ihren ersten Film, den sie mit einem einheimischen Filmemacher Antonio von MadProduction drehten, präsentierten, war uns allen klar, das wir die Insel besuchen müssen.

Es ist nicht nur ein normaler Bike-Trip für uns, es ist auch ein besonderes kleines Abenteuer unter Freunden und Kollegen, das in dieser Konstellation so noch nicht stattgefunden hat.  Wenn man so will, ist es bis auf 4 weitere Kollegen die leider auf Grund von Verletzungen und Elternzeit nicht mitkommen konnten, die Core-Crew der VAUDE Bike Abteilung. Und wie sich herausstellte eine durchaus sympathisches und durchmischte Gruppe, die sich perfekt ergänzt. Umso bemerkenswerter ist, dass obwohl man unter Kollegen ist seine individuelle freie Zeit mit Kollegen verbringt und doch das Gefühl hat, dass man im Urlaub ist. Verrückt.

Madeira (vom portugiesischen Wort madeira, „Holz“) liegt 737 km westlich der marokkanischen Küste im Atlantischen Ozean und hat etwa 235.000 Einwohner.  Allein 150.000 davon wohnen in Funchal der Hauptstadt des Archipels. John Fernandez ist einer davon. Er ist für die kommenden Tage unser Guide und Fremdenführer. Er kennt die Insel und Ihre Trails wie die eignen Westentasche und ist neben seinen Kollegen der „Freeride Madeira-Crew“ auch für die Pflege der Trails verantwortlich. Kein leichter Job, wenn man die über 200 befahrbaren Trails,  mit einer Gesamtlänge von über 2000 km, betrachtet. Für uns bedeutet es jedoch jede Menge Spaß, Abwechslung und unvergessliche Abfahrten durch atemberaubende Landschaften voller Drachenbäumen, blühender Strelitzien und Hortensien (sofern man davon eine Ahnung hat – für mich allenfalls eine nette Randerscheinung…)

Was die Insel für Biker so besonders macht!? Vor allem die durchweg verschiedenen Trails und Landschaften. Auf der Insel vereint, wonach man sonst auf 5 Kontinenten suchen muss. Saftige, flowige Trails durch Lorbeerwälder wie in Neuseeland (Laurisilva), Alpine schwer zu befahrende Passagen wie in den europäischen Alpen (Pico Ruivo 1862 m), staubige Abfahrten voller roter Sand wie in Utah, tropische mit Eukalyptus durchtränkte Pfade wie in den Tropen Brasiliens und tolle schwer zu befahrende Abfahrten an der Steilküste durchsetzt mit Kakteen und Bananenstauden wie in Südafrika. Kurzum, eine relativ einfache Motivation sich jeden Morgen trotz Blessuren vom Vortag wieder aus dem Bett zu quälen.

Wir sind in einem kleinen Dorf in dem westlichen Kreis Calheta untergebracht. Eine perfekte Ausgangslage also für die Erforschung neuer Trails und Abfahrten.  Wie einst Christoph Kolumbus (1442), Roald Amundson mit seiner Antarktis- und Robert Falcon Scott mit seiner Terra-Nova-Expedition (beide legten 1910 ihren letzten Stopp auf Madeira ein) machen wir uns nun mit der VAUDE-Teilzeit & Heimschläfer Expedition – wenn auch im vergleichbar kleineren Rahmen – auf die Welt Madeiras zu entdecken.

John pickt uns wie jeden morgen um 9.00 Uhr auf und bringt uns mit seinem „Best Driver“ Pedro auf die Spitze der Insel. Je höher wir kommen desto weniger sehen wir. Kurve um Kurve wird der Wolkenteppich dicker. Wir scheuen uns vor dem Gedanken 2000 km unterwegs gewesen zu sein, um glitsche wurzeldurchzogene Abfahrten im Nebel zu unternehmen.  So what… Der Nebel reist auf, der Gipfel unweit vor Augen und ein 20 km Trail der in einer Bucht  nordöstlich Endet liegt vor uns. Perfekter Tag. 5 Grad Celsius am Gipfel , Wind, Ausblick über die Wolken, am Horizont das Meer, Jacken an, warmtreten und die ersten 300 Höhenmeter reinkommen. Das Hochgebierge ist, karg ruppig und vom Lavagestein durchzogen. Jeder Höhenmeter wird flowiger. Ab in die Wolke, rein in den Wald, feucht, naß, rutschig, geil. Der Pfad führt nach Norden, der deutlich verregneteren & mit Pflanzen durchwachseneren Seite der Insel. Der Trail spuckt uns auf einem Weg aus, der mit feuchten Stufen & Pflastersteinen durchsetzt und durch die ihn überdeckenden Bäume voller feuchter Blätter ist. John gibt das Tempo vor, wir bleiben dran. Der Nebel lichtet sich und gibt uns die Gelegenheit einen Blick auf das Tal zu werfen.  Wir sind 400 Meter über dem Meeresspiegel. Die Bäume werden höher, der Wald lichter, der Boden griffiger, das Tempo schneller. Der Trail fordert nicht er gibt.  Die Dornen der Pflanzen versuchen uns vom Bike zu reißen. Die Jacken sind schon längst aus, das Klima bleibt feucht aber warm, die T-Shirts sind nass. Die Gruppe reist auseinander, jeder sein Tempo. Nach und nach wird Einer nach dem Anderen aus dem Wald entlassen. Nice. Das Ende des Trails ist in einem kleinen Dorf an deren oberen Ende eine alte angenehme, vom Leben gezeichnete Dame im Feld steht. Sie ist dabei Früchte von Ihrem kleinen Feld hinter ihrem Haus zu ernten. Wie 80% der Landbevölkerung Madeiras ist auch hier die Armut sehr präsent. Nicht unangenehm aber deutlich. Hier merken wir die warme und herzliche Gastfreundschaft der Madrilenen, nach einem kurzen Gespräch schenkt sie uns 2 Ihrer  harterarbeiteten Früchte.  Wir nehmen sie dankbar an und rollen die letzten Meter in die Bucht um den ersten Trail des Tages mit einem kleinen Snack zu verdauen.

Der Weg führt uns nach der kleinen Verschnaufpause wieder zurück auf den Gipfel, dieses Mal führt uns der Trail nach Süden. Die Wolkendecke hat sich fast komplett aufgelöst der Blick auf Funchal ist fast ungetrübt möglich. In der Ferne erkennt man ein Kreuzfahrtschiff, welches für eine kurze Zeit 1000ende Touristen auf die Hauptstadt Madeiras loslässt. Wir spüren davon nichts, unser Fokus liegt auf den nächsten 1500 Höhenmetern und der 20 km langen Abfahrt. Der Süden ist Anders, trockener, leichtgängiger. Nach 30 Minuten Traversieren und einem kurzen Anstieg geht es über einen breit angelegten Weg ein paar Höhenmeter hinunter und taucht dann in die grüne Welt des Waldes ab. Man merkt, dass Teile der Wege selten benutz werden und sich die Natur schnell das zurückholt, was der Mensch aufgibt.  Der Natur-Trail leitet uns an verlassenen Häusern vorbei an Eukalyptus-Bäumen und kleinen selbstgebauten Holzbrücken, die sich harmonisch in die Landschaft integrieren. Der Weg macht ein schnelles vorankommen unmöglich. Für uns ist es ein kleines Abenteuer sich mit dem Bike einen Weg durch das durchwachsene Gestrüpp zu suchen.  Das ist die andere Seite Madeiras. An schmalen Levadas (kleine Wasserkanäle) entlang, die vor rund 300 Jahren von Sklaven zur Wartung und Pflege der Landwirtschaft angelegt wurden, kommen wir in einem durchtränkten grünen Tal raus. Auf Breit angelegten Terrassen wird auch hier von der Landbevölkerung, Wein & Gemüse angebaut. Am Rande des Tales bahnen wir uns den Weg durch gelbe Blumenwiesen und Rebstöcke in Richtung Cabo Girao der höchsten Steilklippe Europas. Die Sicht ist atemberaubend. Links von uns liegt steil zur Küste hin verlaufend, Funchal. John hat eine kleine Überraschung für uns . Wir sind gespannt was uns erwartet & machen uns auf dem Weg durch die noch meist aus der Kolonialzeit stammenden Gebäude. Die Straßen sind verwinkelt, wir sind froh das John den Weg vorgibt. Sonst wären wir in dem Labyrinth von engen und steil verlaufenden Straßen verloren.

An der Promenade angekommen erwartet uns die Überraschung. Wir sind eingeladen auf dem Segelschiff der Familie, die uns das Haus für die Woche zu Verfügung stellt, mitzufahren. Das Meer ist ruhig, die Sonne steht 5 Finger breit über dem Horizont. Geschickt manövriert uns Carlos aus dem Hafen wärend wir uns mit einem kühlen Bier auf Deck ausbreiten. Wir sind stoked über den Tag, die Trails und die Sunset-Session auf dem Segelboot. Picture perfect. Wir glauben die Perle mitten im atlantischen ozean gefunden zu haben. Und das Beste daran vor uns liegen noch 3 weitere ereignisreiche Tage, unbefahrene Trails, Ponchas & Sonnenuntergänge.

Danke an das Vaude-Team, die Vertriders und Freeride Madeira für den entspannten Start ins neue Jahr.